„DIE NEWS“, Fachzeitschrift für Familienunternehmen Ausgabe Juli/August 2025
DAS NACHFOLGE-DILEMMA
Wie der Generationswechsel gelingt –
ohne das Lebenswerk zu opfern
Nachfolge im Mittelstand ist kein Machtwechsel, sondern ein Balanceakt zwischen Bewahrung und Erneuerung. Wie moderne Diagnostik hilft, Fehlentscheidungen zu vermeiden und Lebenswerke zu übergeben, ohne die DNA der Firma zu verlieren. Der folgende Fall basiert auf einer realen Nachfolgesituation aus dem Jahr 2024. Namen und Details wurden zum Schutz der Beteiligten verändert.
Hans-Dieter Langner hat noch den Geruch von Kühlflüssigkeit in der Nase, als er mit siebzig über den Hof seiner Firma geht. Drei Jahrzehnte lang hat er seinen Werkzeugmaschinenbetrieb im Schwarzwald aufgebaut – vom Zwei-Mann-Betrieb zum Hidden Champion. In dem Wunsch, sein Werk zukunftsfähig zu übergeben, holte er einen Nachfolger von außen: Erik Neumann, eloquent, MBA, internationale Erfahrung. Frischer Wind für den Mittelstand, so die Hoffnung. Doch niemand prüfte, ob die kaufmännische Leiterin Petra Schmidt oder Produktionsleiter Stefan Heck die Verantwortung vielleicht besser getragen hätten. Man wollte zeigen, dass der Mittelständler offen für neue Impulse ist – und übersah dabei die Kraft des Bestehenden.
Vertrauen entsteht nicht in „Power Point“
Anfangs lief alles gut. Langner integrierte Neumann ins Unternehmen, teilte Wissen, stellte ihn im Schützenverein vor. Neumann hörte zu, sprach von „Bewahrung des Erbguts“. Doch bald setzte er eigene Akzente. Die Lehrwerkstatt wurde zum „Innovation Hub“, langjährige Lieferanten mussten sich durch Formulare kämpfen, das Betriebsfest wurde gestrichen – angeblich zu teuer. Langner suchte den Dialog, bot Unterstützung beim Netzwerkaufbau an. Doch die Gespräche blieben höflich und hohl.
In der Kantine hörte Langner, dass Ingenieure kündigen wollten, weil niemand mehr Zeit für eine Idee hatte, die nicht sofort Rendite versprach. Der Bruch kam in einer Montagssitzung. Neumann präsentierte ein Reorganisationskonzept, das das Forschungslabor halbieren sollte. Auf die Frage, wie die Mannschaft eingebunden worden sei, antwortete er kühl: „Wir haben bewusst auf schnelle Entscheidungen gesetzt, um Tempo zu machen.“ Es wurde klar: Nicht die Idee war das Problem, sondern der fehlende kulturelle Anschluss.
Substanz wahren – Erneuerung ermöglichen
Langner wollte Wandel ermöglichen, aber unterschätzte die Kraft der Unternehmenskultur. Neumann wollte gestalten, doch vergaß: Vertrauen entsteht in Werkhallen, nicht in Präsentationen. Genau hier zeigt sich das Dilemma vieler familiengeführter Unternehmen: Wie bleibt man offen für Neues, ohne das Bestehende zu verlieren? Fünf Erkenntnisse für gelingende Nachfolge:
1. Nachfolge ist Risikosteuerung, kein Kandidatenwettbewerb. Fehlbesetzungen kosten mehr als Gehälter – sie kosten Struktur, Motivation, Kunden. Eine fundierte Eignungsdiagnostik ist eine Investition in Stabilität.
2. Tradition und Zukunft brauchen messbare Passung. Werte, Denkstile, Führungsverhalten lassen sich analysieren. Wer Unternehmenskultur sichtbar macht, erkennt früh, ob jemand integriert oder irritiert.
3. Das beste Talent ist oft schon da. Objektive Vergleiche zwischen internen und externen Kandidaten verhindern Betriebsblindheit und Pflichtgefühl-Romantik. In Langners Fall hätte eine Analyse gezeigt: Petra Schmidt – weniger akademisch, aber tief akzeptiert. Ein unsichtbares Kapital. 4. Finanziers lieben Daten, keine Bauchgefühle. Banken vergeben bessere Konditionen, wenn Führungspotenzial belastbar dokumentiert ist. Diagnostik schafft Klarheit und Vertrauen.
5. Nachfolge ist ein Prozess, kein Arbeitsvertrag. Ein Co-Pilot Jahr mit klaren Meilensteinen sichert Wissenstransfer, verhindert Reibungsverluste. Wer diesen Schritt auslässt, zahlt später doppelt.
Der unterschätzte Schlüssel
Jede gute Nachfolge beginnt mit einem strukturierten Gespräch über das Wesentliche: Wofür steht der Firmenname? Welche Kundenbeziehungen sind unantastbar? Welche Innovationen werden erwartet? Erst danach folgt die Kandidatenauswahl – intern wie extern, entlang einheitlicher Kriterien. Die Ergebnisse landen in einer Matrix: Kompetenzen, Potenziale, Risiken. Was nach Psychologie klingt, ist pure Betriebswirtschaft. Wir von Höchsmann & Company verbinden Marktkenntnis mit moderner Diagnostik. Executive Search trifft Persönlichkeitsanalyse. Das Zusammenspiel schafft Sicherheit für Unternehmer, die Verantwortung übergeben – und nicht auf gut Glück hoffen wollen. Berater hören nicht nur Worte, sondern Zwischentöne: das zögerliche Schulterzucken, das zu schnelle Versprechen, die ausgebliebene Rückfrage.
Für Langner ist noch nicht alles verloren
Ein moderiertes Treffen mit Führungsteam, Bank und Betriebsrat – gestützt durch fundierte Diagnostik – kann neue Wege öffnen: Neumann zeigt Lernbereitschaft. Oder Petra Schmidt übernimmt. Beides ist möglich, solange der Dialog lebt. Vertrauen ist das einzige Kapital, das in keiner Bilanz steht – und doch jede trägt.
Drei Phasen einer erfolgreichen Nachfolge
In Phase eins lernt die neue Führung nicht nur Prozesse, sondern auch Geschichten: warum ein Kunde bleibt, obwohl er mehr zahlt. In Phase zwei übernimmt sie Schritt für Schritt Verantwortung, liefert kleine Siege, vermeidet große Brüche. In Phase drei setzt sie eigene Akzente, ohne die Wurzeln zu kappen.
Nachfolge ist Führung in reifster Form
Selbst die beste Methode lebt vom Dialog. Wer nur Gutachten verschickt, schafft Distanz. Wer erklärt, zuhört, Ängste benennt, baut Brücken. Gute Nachfolge erkennt man daran, dass sie kein Machtvakuum hinterlässt, sondern neue Kraft entfaltet. Sie beginnt mit der Einsicht, dass ein Unternehmen größer ist als jede Person– und endet erst, wenn alle ihre neue Rolle angenommen haben. Und was ist mit Langner? Am Abend steht er auf dem Parkplatz. Zwischen Maschinenhalle und Abendhimmel liegt Stille. Er atmet Kühlflüssigkeit und Hoffnung. Morgen beginnt der Dialog. Diesmal mit allen. Kein Rückschritt, sondern Führung mit Weitblick.
Kurz vorgestellt
Höchsmann & Company begleitet seit 25 Jahren Familienunternehmen, Mittelstand und internationale Unternehmensgruppen bei der Besetzung von Führungspositionen und Nachfolgelösungen. Die inhabergeführte Personalberatung mit Standorten in Frankfurt und Düsseldorf verbindet Executive Search, Board Search, Nachfolgeplanung, Management Diagnostik und Leadership Coaching mit hoher Professionalität, Integrität und individueller Beratung. Im Fokus stehen Persönlichkeit, Werteorientierung und langfristige Passung – dort, wo Verantwortung, Vertrauen und Weitblick gefordert sind. In Kooperation mit Diagnostikexpertin Katja Krater bietet Höchsmann & Company fundierte eignungsdiagnostische Verfahren, die Auswahl- und Nachfolgeprozesse zusätzlich absichern. Als zertifiziertes Mitglied von AESC (Internationale Vereinigung der Executive-Search-Consulting-Unternehmen) und BDU (Bundesverband deutscher Unternehmensberatungen) steht das Team für persönliche Begleitung auf Augenhöhe – für Unternehmer, die mehr als nur Positionen besetzen, sondern Zukunft gestalten wollen.

Thorsten Amend-Schnaar
Thorsten Amend-Schnaar ist geschäftsführender Gesellschafter von Höchsmann & Company , Manufaktur für Personalberatung, Executive & Board Search, Nachfolgeplanung und Management-Diagnostik.

Dr. Katja Krater
Katja Krater ist Diagnostikexpertin und sichert mit eignungsdiagnostischen Verfahren die Auswahl- und Nachfolgeprozesse in Familienunternehmen zusätzlich ab.